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Round-Table zum Schutz von Zivilisten in bewaffneten Konflikten

Wien, 11. November 2009  - Österreich hat mit 1. November 2009 für einen Monat den Vorsitz im Weltsicherheitsrat der UNO übernommen. Das Schwergewichtsthema während der österreichischen Vorsitzführung ist der Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten. Am 11. November hat unter dem Vorsitz von Außenminister Michael Spindelegger eine offene Debatte zum Schutz von Zivilisten in bewaffneten Konflikten stattgefunden. Die von Österreich eingebrachte Resolution ist bei dieser Debatte einstimmig verabschiedet worden. Konkret ermöglicht diese Resolution eine effektivere Reaktion der UNO auf Menschenrechtsverletzungen im Falle eines Konfliktes.

Round-Table der Direktion für Sicherheitspolitik

Dieses hochaktuelle Thema wurde am 10. November bei einem Round-Table der Direktion für Sicherheitspolitik mit Prof. Ramesh Thakur in der Landesverteidigungsakademie diskutiert. Prof. Thakur war einer der engsten Mitarbeiter des UN-Generalsekretärs Kofi Annan und entscheidender Mitentwickler, Autor und überzeugter Befürworter des UN-Konzepts "Responsibility to Protect".

Der Leiter der Direktion Sicherheitspolitik im Verteidigungsministerium, Generalmajor Johann Pucher, betonte bei seiner Eröffnung die hohe Aktualität der Thematik - und dies nicht nur vor dem Hintergrund des österreichischen Sicherheitsrats-Vorsitzes. Insbesondere für die militärischen Aspekte einer Mission, so Pucher, komme derartigen Schutzaufgaben eine ständig steigende Bedeutung zu. Schließlich werde zu Beginn einer Mission insbesondere das Militär mit dem Schutz von Zivilisten betraut - wie aktuell beispielsweise bei der UN-Mission MINURCAT im Tschad.

Lösungsansatz: Responsibility to Protect

Der Schutz der Zivilbevölkerung ist in modernen Friedenseinsätzen mittlerweile eine der vordringlichsten Aufgaben. Alle Akteure einer Friedensmission müssen kollektiv handeln, um diesen Schutz auch tatsächlich realisieren zu können. Das Konzept der "Responsibility to Protect" ist in diesem Zusammenhang als moderner Lösungsansatz zu sehen.

Das zentrale Argument ist die Verantwortung zu beschützen. Dabei geht es in erster Linie um die Verantwortung des jeweiligen Staates für den Schutz und das Wohlergehen seiner Bevölkerung. Wenn Staaten diesen Schutz jedoch nicht gewährleisten können oder wollen - und Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen oder ethnische Säuberungen stattfinden - soll die Schutzverantwortung gegenüber der Bevölkerung auf die UNO übergehen.

Schutz der Zivilisten hat höchste Priorität

Prof. Thakur verwies darauf, dass die Opfer bewaffneter Auseinandersetzungen heute immer häufiger Zivilisten seien. Daher müsse die Internationale Gemeinschaft dem Schutz von Zivilisten höchste Priorität zukommen lassen und geeignete Maßnahmen beschließen. Das bedeute, wenn irgendwo auf der Welt massive Gewalt gegen Zivilisten stattfinde - und diesen von ihrer Regierung kein angemessener Schutz zukomme, müsse die UNO sozusagen als "global governance" mit angemessenen Maßnahmen auf derartige Krisensituationen antworten.

In diesen Fällen komme das Konzept der Schutzverantwortung zum Einsatz, das sich auf drei Säulen stützt:

  • die Verantwortung des Staates selbst, alle Menschen auf seinem Territorium zu schützen,
  • die internationale Unterstützung beim Aufbau der Kapazitäten eines Staates, damit er diese Verantwortung auch ausfüllen kann,
  • und die internationale Verantwortung zum Schutz.

Eigenverantwortung der Staaten im Vordergrund

Die eigene Verantwortung der Staaten müsse stets das wichtigste Element sein. Das heißt aber nicht, dass immer eine Reihe von aufeinander folgenden abgestuften Maßnahmen abgearbeitet werden muss, bevor es militärisches Eingreifen der UNO geben kann. Unter bestimmten Umständen ist die UNO gefordert, auf massive Gewalt gegen Zivilisten robust zu reagieren und die Verantwortung zum Schutz von Zivilisten zu übernehmen! Dies kann erforderlichenfalls auch im Zusammenwirken mit regionalen Organisationen erfolgen.

Eingriff in die Souveränität eines Staates

Das Konzept der Schutzverantwortung finde aber nicht nur Befürworter. Auch kritische Stimmen seien zu vernehmen. Eine Grund dafür seien misslungene Interventionen, welche aus der Sicht der Dritten Welt unter der Bezeichnung "humanitäre Intervention" rein der Durchsetzung von Nationalinteressen dienen und so dem Begriff einen bösen Beigeschmack gaben. Der NATO-Einsatz in Afghanistan sei ein gutes Beispiel dafür, dass ein militärisches Einschreiten zum Schutz von Zivilisten nicht autorisiert werden sollte, wenn die Voraussetzungen dafür nicht zweifelsfrei vorliegen. Der Einsatz der in Frage kommenden Maßnahmen und das Zusammenwirken aller Akteure müssten stets außer Zweifel stehen.

Gemeinsame Verantwortung ist notwendig

Trotz Kritik und Fehlschlägen sollte bei allen Akteuren jedoch stets der Gedanke im Vordergrund stehen, dass das Konzept der "Responsibility to Protect" eine neue Herangehensweise ist. Sie soll helfen, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen oder ethnische Säuberungen zu verhindern und die Strafverfolgung von Tätern gewährleisten. Zudem müsse Souveränität auch als Verantwortung des Staates in diesem Zusammenhang neu definiert werden. Ziel der internationalen Gemeinschaft müsse es daher sein, diese Verantwortung wenn nötig zu übernehmen und in gemeinsamen, entscheidenden Aktionen dafür zu sorgen, dass Katastrophen, wie beispielsweise jene in Ruanda oder Srebrenica, zukünftig verhindert werden.

Ein Bericht der Redaktion Direktion für Sicherheitspolitik

V.l.: Direktor Nasser (UN Information Service), Generalmajor Pucher, Professor Thakur und Nasra Hassan von der Vereinigung Österreichischer Peacekeeper.

V.l.: Direktor Nasser (UN Information Service), Generalmajor Pucher, Professor Thakur und Nasra Hassan von der Vereinigung Österreichischer Peacekeeper.

Der Vortragende Prof. Dr. Thakur (l.) mit den Organisatoren des Round-Table.

Der Vortragende Prof. Dr. Thakur (l.) mit den Organisatoren des Round-Table.

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