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Die Garnisonkirche Wien

Wien, 28. Februar 2005  - Die beiden katholischen Militärkirchen Wiens, die Stiftskirche und St. Nepomuk nahe der Maria-Theresien-Kaserne, sind heute allgemein bekannt. Weniger bekannt ist es, dass auch wir Evangelischen eine Garnisonkirche hatten, und zwar im IX. Wiener Gemeindebezirk Ecke Schwarzspanierstraße und Garnisongasse. Diese Kirche fiel allerdings dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer.

Im Januar 1861 - also in jenem Jahr, in dem wir Evangelischen mit dem Protestantenpatent eine weitgehende Gleichstellung erlangten - fasste das Presbyterium der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. Wien den Beschluss, "die Einrichtung einer eigenen evangelischen Garnisonskirche und Umgestaltung des bestandenen Militär-Bettenmagazins zu diesem Zwecke Allerhöchsten Orts" zu erbitten.

Diese Petition kam offenbar im Ministerrat zur Beratung, denn dort machte der Kriegsminister Graf Degenfeld-Schonburg den Vorschlag, die ehemalige Schwarzspanierkirche als Evangelische Garnisonkirche zu verwenden. Kaiser Franz Joseph stimmte diesem Vorschlag des Ministers, der selbst Protestant war, zu, und so wurde die frühe Klosterkirche zur Evangelischen Garnisonkirche bestimmt.

Die Kirche und das Kloster der Benediktiner von Montserrat waren ursprünglich im 17. und frühen 18. Jahrhundert erbaut worden; die Mönche, in der Gegenreformation sehr tätig, wurden allgemein nach ihrer schwarzen Tracht "Schwarzspanier" genannt, wonach auch die Straße bis heute ihren Namen hat.

Im Zuge der Kirchenpolitik Kaiser Josephs II. wurde schließlich das Kloster aber aufgehoben; seit 1781 befand sich das Gebäude schließlich im Besitz des k.k. Militär-Ärars und wurde seit 1787 als Bettenmagazin benützt, nachdem der Turm abgetragen und die Inneneinrichtung entfernt worden war.

Schon Feldmarschall Radetzky soll 1848 die Errichtung einer Evangelischen Garnisonkirche erwogen haben, was aber erst 1861 Wirklichkeit wurde. Mit kaiserlicher Entschließung vom 6. Februar 1861 widmete Kaiser Franz Joseph die Kirche "zur Abhaltung des Gottesdienstes für die Religionsgesellschaft des Augsburgischen und Helvetischen Bekenntnisses". Das in derselben Ministerratssitzung behandelte Protestantenpatent, mit dem die Gleichstellung der Protestanten im öffentlichen Leben und die Anerkennung als Kirchengemeinde geregelt werden sollte, wurde vom Kaiser am 8. April 1861 durch Erlass in Kraft gesetzt. Das erste augenfällige Zeichen der Gleichstellung der Protestanten war also interessanterweise die Einrichtung einer Militärpfarrkirche!

Nach Abschluss der notwendigen Restaurierungs- und Adaptierungsarbeiten im ehemaligen so genannten "Flöhmagazin" wurde die Kirche am 22. Dezember 1861 eingeweiht, und fortan wurden dort regelmäßig Gottesdienste für evangelische Angehörige der österreichischen Armee gehalten.

Die Evangelischen waren mit der Einrichtung einer Garnisonkirche dabei einmal ihren katholischen Brüdern zeitlich voraus. Die Einrichtung der evangelischen Garnisonkirche gab den unmittelbaren Anlass, auch für die Katholiken eine eigene Garnisonkirche zu errichten. 1862 wurde deshalb auf Anordnung Franz Josephs die Votivkirche zur katholischen Garnisonkirche bestimmt. Sie erfüllte diese Funktion bis zum Umbruch des Jahres 1918 und wurde dann 1921 von der Stiftskirche abgelöst.

Für die Evangelischen brachte die Zwischenkriegszeit eine ungewollte Unterbrechung der Militärseelsorge.

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und der Abrüstung der Truppen 1918 wurde von der republikanischen Regierung vorerst keine Verwendung für die Kirche gefunden, sodass sie zunächst leer stand; erste 1920 wurde die der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. Wien - Innere Stadt zur Benützung überlassen, die aber keine rechte Verwendung für das Kirchengebäude hatte.

1939 wurde die Kirche schließlich nach entsprechender Renovierung als Evangelische Standortkirche der Deutschen Wehrmacht bestimmt.

Bei einem Luftangriff im Jahre 1944 wurde die Kirche aber so schwer getroffen, daß sie nicht weiter benützt werden konnte.

Nach dem Krieg wurde die notdürftig ausgebesserte Kirche von der US-Militärseelsorge benutzt, wobei das Kirchenschiff selbst unbenutzbar blieb.

Eine Wiederherstellung der Garnisonkirche war nach Abzug der Besatzungstruppen 1955 wegen der hohen Kosten nicht möglich. Stattdessen wurde ein Studentenheim, das nach dem berühmten evangelischen Theologen und Urwalddoktor Albert Schweitzer benannt wurde, errichtet und schließlich 1966 der Bestimmung übergeben. Allein die Hauptfassade blieb von der alten Garnisonkirche bestehen.

An die Garnisonkirche erinnert noch der Name "Garnisongasse", wie die frühere "Kirchengasse" 1862 benannt worden war.

Bis heute fehlt der Evangelischen Militärseelsorge im Raum Wien ein eigener gottesdienstlicher Raum; die evangelischen Gottesdienste für Soldaten finden normalerweise dank der großzügigen Gastfreundschaft der Evangelischen Pfarrgemeinde Wien VII. in der Auferstehungskirche statt, wo mit Pfarrer Mag. Josef Hofstadler lange Zeit auch ein Militärkaplan des Reservestandes wirkte. Durch die zentrale Lage und die Nähe zur Stiftskaserne bietet sich die Auferstehungskirche überdies an. Nicht ganz zu Unrecht wird deshalb die Auferstehungskirche schon manchmal salopp als neue evangelische Garnisonkirche bezeichnet. Die Evangelischen freuen sich auf jeden Fall darüber.

Ein Bericht der Redaktion Evangelische Militärseelsorge

Die Garnisonkirche Wien.

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