Wiederaufbau und erste Bewährung (1945–1956)
Mit dem Staatsvertrag vom 15. Mai 1955 und dem am 7. September beschlossenen Wehrgesetz erhielt Österreich die Grundlage für eine eigene Armee. Das Neutralitätsgesetz vom 26. Oktober verankerte die immerwährende Neutralität in der Verfassung. Erste Bewährungsprobe war der Ungarnaufstand 1956: Das Bundesheer sicherte die Grenze und unterstützte die Versorgung von mehr als 170.000 Flüchtlingen. Schon damals zeigte sich die doppelte Rolle des Heeres – militärische Sicherheit und humanitäre Hilfe.
Kalter Krieg und Raumverteidigung (1957–1989)
In den Jahrzehnten des Kalten Krieges entwickelte sich das Bundesheer zu einem glaubwürdigen territorialen Verteidiger. Die Raumverteidigungsdoktrin von General Emil Spannocchi setzte auf asymmetrische Konzepte mit Schlüssel- und Raumsicherungszonen. Großmanöver wie „Schutz 82“ mit 48.000 Beteiligten demonstrierten die Fähigkeit zur gesamtstaatlichen Mobilmachung. Die Miliz blieb dabei ein zentrales Element der Landesverteidigung.
Internationale Verantwortung (1990–2000)
Mit dem Zerfall der Sowjetunion endete der Kalte Krieg, und mit den Jugoslawienkriegen traten Konflikte erstmals direkt an Österreichs Grenzen heran. Das Bundesheer führte groß angelegte Sicherungseinsätze an der Südgrenze durch und beteiligte sich verstärkt an internationalen Missionen – von Bosnien und dem Kosovo bis in den Libanon oder nach Mali. Mehr als 100.000 Soldatinnen und Soldaten nahmen seither an Auslandseinsätzen teil. Parallel dazu wandelte sich das Heer von einer Raumverteidigungsarmee zu einer mobilen Einsatzarmee mit internationaler Ausrichtung. Seit 1998 versehen auch Frauen Dienst im Bundesheer und leisten seither sowohl im Inland als auch bei Auslandseinsätzen ihren Beitrag.
Reformen und Sparkurs (2001–2012)
Zu Beginn des neuen Jahrtausends wurde das Bundesheer stärker als multifunktionales Instrument verstanden – für Katastrophenhilfe, Terrorabwehr und Schutz kritischer Infrastruktur. Gleichzeitig führten Reformen, verkürzte Grundwehrdienste und Budgetkürzungen zu Einschränkungen, besonders bei der Miliz. Die Volksbefragung 2013 bestätigte jedoch klar die allgemeine Wehrpflicht: Die österreichische Bevölkerung lehnte den Umbau der Streitkräfte auf ein Berufsheer ab.
Zeitenwende und Zukunft (2013–heute)
Die vergangenen Jahre waren geprägt von Migration, Pandemie, Cyberbedrohungen und der Rückkehr des Krieges nach Europa. Das Bundesheer leistet seither verstärkt Assistenzdienste im Inland und modernisiert seine Strukturen und Ausrüstung. Mit dem Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz steigt das Verteidigungsbudget bis 2028 auf 1,5 % des BIP. Ziel ist eine umfassende Einsatzbereitschaft bis 2032. Damit bleibt das Bundesheer auch in Zukunft Garant für Österreichs Souveränität und Sicherheit.